Strenge Regelungen für Biozide

Biozide töten bestimmungsgemäß Lebewesen ab und sind ebenso wie Pflanzenschutzmittel Pestizide. Für Pflanzenschutzmittel wurde bereits 1991 mit der EG-Richtlinie 91/414 ein Zulassungsverfahren eingeführt. Dies ließ allerdings viele der pestiziden und für Mensch und Umwelt relevanten Mittel außer Acht. Um diese Regelungslücke zu schließen und alle jene Chemikalien zu regulieren, die zwar bestimmungsgemäß lebenstötend waren, deren Zweck aber nicht der Pflanzenschutz war, wurde zunächst eine Richtlinie erarbeitet. 1998 wurde die Biozidrichtlinie verabschiedet, 2012 dann die Biozidverordnung.

Das Biozidportal

Mehr noch als private Bedarfsträger verwendet heute insbesondere die Industrie Biozidprodukte, hier vor allem zur Material- und Prozesskonservierung. Doch auch der private Verbraucher benutzt Biozidprodukte auf vielfältige Art und Weise. Als Desinfektions- und Holzschutzmittel, Schleim- und Nagetierbekämpfungsmittel sowie als Insektizide vernichten sie Schimmel, Bakterien, Ratten, Mücken, Moose und viele weitere lebende Organismen. So sollen hohe Hygienestandards ermöglicht und das menschliche Wohlbefinden gesichert werden. Dass auch nicht-chemische Mittel dazu in der Lage sind, wird dabei oft übersehen. Aus diesem Grund pflegt das Umweltbundesamt ein Biozidportal, wo sich Verbraucher über alternative Maßnahmen informieren können. Denn jede Anwendung von Bioziden kann zu Schäden für Mensch und Umwelt führen. Vor allem wenn Biozide bestimmungsgemäß im Freiland angewendet werden, wie es bei der Schnakenbekämpfung am Rheinufer praktiziert wird, stellt dies einen Eingriff in die Natur dar.

Das Bundesumweltministerium ist daher der Überzeugung, dass die Zulassung von Bioziden staatenübergreifend streng geregelt sein muss.

Die Biozidverordnung – Rechtsgrundlage für Biozide

Die im Mai 2012 vom EU-Parlament und -Rat verabschiedete Rechtsgrundlage für Biozide ist die Biozidverordnung. Sie löste damals die Biozidrichtlinie von 1998 ab und führte viele Neuerungen ein. Schritt für Schritt legt die Biozidverordnung präzise und klar fest, wie die Zulassung eines Biozids, vom Antrag auf Genehmigung des Wirkstoffes bis hin zur Zulassung, Verpackung und Bewerbung des Produktes, abzulaufen hat. Die Anforderungen an Biozide werden damit EU-weit harmonisiert, sodass der freie Warenverkehr erleichtert wird.

Dem Bundesumweltministerium ist es dabei ein zentrales Anliegen, gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu garantieren.

Prüfverfahren in zwei Stufen

Das in der Verordnung vorgeschriebene Prüfverfahren besteht aus zwei Stufen:

Ein Wirkstoff kann für zehn Jahre in der Europäischen Union genehmigt werden, dann erst wird ein diesen Wirkstoff enthaltendes Produkt zugelassen. Vor der Genehmigung des Wirkstoffes steht die Bewertung der Risiken. Diese wird aufgrund der Verwendung des Wirkstoffes in einem beispielhaften Produkt vorgenommen. Das Ergebnis ist relevant für die Entscheidung über eine Genehmigung. Wenn die Bewertung ergibt, dass die Verwendung des betrachteten Wirkstoffes in Biozidprodukten zu unannehmbaren Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt, wird der Wirkstoff nicht genehmigt. Wirkstoffe, die die sogenannten Ausschlusskriterien erfüllen, sind dagegen grundsätzlich nicht genehmigungsfähig. Bei der Mitgestaltung der Biozidverordnung setzte sich das Bundesumweltministerium intensiv für die Festlegung solcher Ausschlusskriterien ein. Aus hiesiger Sicht stellen sie ein sinnvolles Mittel für einen vorsorgenden Umwelt- und Gesundheitsschutz. Ausschlusskriterien sind beispielsweise karzinogene oder erbgutverändernde Eigenschaften, die ein hohes Risiko für Mensch und Umwelt darstellen. Die zweite Verfahrensstufe ist die Zulassung des Biozidproduktes. Es darf als Wirkstoff einzig einen zuvor EU-weit für die Verwendung in Biozidprodukten genehmigten Stoff enthalten. Hier hat der Antragsteller die Wahl, die Zulassung eines Produktes oder einer Produktfamilie entweder national oder auf Unionsebene zu beantragen. Bestimmte Produktarten wie Fisch- und Vogelbekämpfungsmittel sind jedoch von einer EU-weiten Unionszulassung ausgeschlossen. Ein Biozidprodukt kann darüber hinaus parallel in mehreren Mitgliedstaaten zugelassen werden. Enthält es lediglich Wirkstoffe mit geringem Gesamtrisiko besteht die Möglichkeit, ein vereinfachtes Verfahren zu beantragen.

Das zweistufige Verfahren trennt zwischen dem bioziden Wirkstoff und dem finalen Produkt, welches an den Verwender und damit in die Umwelt gelangt. Dadurch wird eine auf ihrer weiteren Verwendung basierende Prüfung der Wirkstoffe bzw. Produkte vorgeschrieben. Die Trennung der beiden Verfahren und die Festsetzung hoher Maßstäbe für die Zulassung lebenstötender Substanzen auf EU-Ebene, sind nach Meinung des Bundesumweltministeriums unverzichtbar für den Schutz der Natur und des Menschen.

Übergangsbestimmungen für alte Wirkstoffe

Soweit regelt das Verfahren die Genehmigung und Zulassung neu entwickelter Wirkstoffe und Produkte. Um jedoch bereits zugelassene Biozide, die einen alten Wirkstoff enthalten, einer ebenso strengen Prüfung zu unterziehen, gibt die Verordnung entsprechende Übergangsbestimmungen vor. Biozide mit alten Wirkstoffen sind nämlich zu einer Zeit in Verkehr gebracht worden, als die Biozidverordnung mit ihren strengen Auflagen noch gar nicht galt. Die Übergangsbestimmungen geben daher ein "nachträgliches" Prüfverfahren vor, um Schädigungen durch potentiell gefährliche, aber dennoch auf dem Markt erhältliche Biozide zuvorzukommen.

Schädlichen Wirkungen vorbeugen

Zusammen mit dem Umweltbundesamt verfolgt das Bundesumweltministerium bei der Ausführung der Biozidverordnung das Ziel, den durch Schädlingsbekämpfungsmittel verursachten, unvertretbaren Auswirkungen auf die Umwelt und schädlichen Wirkungen auf den Menschen, vorzubeugen beziehungsweise diese zu begrenzen. Denn Biozide haben ihrer Bestimmung zufolge eine lebenstötende Wirkung und können immer negative Auswirkungen haben. Besonders deutlich wird dies an Schäden für Haustiere und andere Nichtzieltiere, die zum Beispiel durch das Fressen vergifteter Mäuse eine Sekundärvergiftung erleiden. Auch Biozidprodukte oder Wirkstoffe, die in ihrer erhältlichen oder abgewandelten Form in der Natur vorkommen, sind nicht automatisch unschädlich für Mensch und Umwelt. Verbraucher sollten daher sorgfältig abwägen, ob es wirklich notwendig ist, ein Biozid einzusetzen. Sie sollten sich vor Gebrauch gründlich mit möglichen Schäden und empfohlenen Alternativen auseinandersetzen, um Risiken besser einschätzen und eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Weitere Informationen

Stand: 08.04.2016

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